Hoffentlich findet dieses Projekt viele
Nachahmer!
Ausnahmsweise berichte ich hier von einem Projekt,
das außerhalb des Bingenheimer Rieds liegt, nämlich 3,5 km südlich davon in
der Horloffaue Reichelsheim, östlich vom Flugplatz. Im Winter 2017/2018
wurde dort die circa 6ha große Ausgleichsfläche prädatorensicher eingezäunt.
Maßgebliche Initiatoren waren Fachleute der HGON und insbesondere
ein Mitarbeiter vom Forstamt Nidda, der es trotz anfänglichen Gegenwinds
schaffte, die nötigen Finanzierungsmittel zu organisieren.
Liebe naturinteressierte Besucher und Naturfotografen!
Der einzige Beobachtungspunkt liegt in oder an der Beobachtungshütte auf dem Hügel
im Osten des Gebiets, also östlich des Horloff-Flutgrabens. Man erreicht ihn über Leidhecken.
In Leidhecken fährt man an das südliche Ende der Unterdorfstraße, parkt dort
und läuft dann nach Süden. Wenn man das Pappelwäldchen links passiert hat,
sieht man rechterhand die Beobachtungshütte. Bitte gehen sie auf keinen Fall näher an den Zaun. Der gesamte Südteil der
Horloffaue, umrandet von Horloff-Flutgraben und Horloff, ist während der
Brutzeit gesperrt, auch der Mittelweg.
7.5.2023: Nachdem vor zwei Jahren mit einer erfolgreichen
Brut Rotschenkel erstmals in Hessen in dieser Umzäunung brüteten, brüten
dieses Jahr mit einem Paar Steppenmöwen erstmals diese Art im Wetteraukreis.
3.3.2022: Heute hielt sich für kurze Zeit ein sehr seltener
Gast innerhalb der Umzäunung auf, ein Seeadler. Er hatte einen Wasservogel
geschlagen und gefressen bevor er weiterzog.
Rotschenkelbrut
4.12.2021: In einem Artikel der Wetterauer Zeitung vom 4.12.2021 wurde die
erste Brut des Rotschenkels in Hessen, nämlich in diesem Gebiet, bekannt
gegeben. Die späte Veröffentlichung wurde damit begründet, dass die Familie
erst das Gebiet verlassen haben sollte. Seit Ende Juli waren die
Jungen völlig flugfähig. Seit über 3 Monaten hielten sie sich nicht mehr im
Gebiet auf. Bis September wurden zumindest Teile der Familie im Bingenheimer
Ried gesehen. Zumindest legten die Rotschenkelbeobachtungen im Bingenheimer
Ried dies nah.
24.10.2021: Auch außerhalb der Brutzeit ist die Fläche als Rast- und
Übernachtungsplatz attraktiv. Diese Gruppe von circa 26 Weißstörchen
übernachtet hier vermutlich täglich. Tagsüber ist sie in den Feldern und
jagt Mäuse und Regenwürmer.
10.7.2021: Heute gelang mir mit der Beobachtung von einem adulten und zwei
jungen Rotschenkeln der Nachweis einer
erfolgreichen Rotschenkelbrut
innerhalb des Zauns. Nach Studium des Brutvogelatlanten der
HGON ist dies die erste nachgewiesene erfolgreiche Rotschenkelbrut in
Hessen. Es gab in den letzten Jahren aber schon Brutverdacht im NSG Mittlere
Horloffaue und in weiteren Gebieten (siehe Brutvogelatlas) und im
Bingenheimer Ried (eigene Beobachtungen). Dies ist ein weiterer toller
Erfolg für diese Maßnahme.
4.7.2021: Auch dieses Jahr haben einige Wasservogelarten erfolgreich in der
Umzäunung gebrütet. Dazu kommen zwei Limikolenarten und vermutlich einige
Singvogelarten. Wissenschaftlich haltbare Zahlen lassen sich jedoch von der
Beobachtungshütte nicht ermitteln. Bei einigen Besuchen des Gebietes
konnte ich folgende Wasservögelarten mit Jungen beobachten. Das ist
möglicherweise
nur ein Teil der tatsächlich stattgefundenen Bruten:
Zwergtaucher (mehrere Bruten),
Graugans (über 20 Familien mit über 71 Jungen),
Nilgans,
Schnatterente (4 Weibchen mit 25 Pulli),
Löffelente (1 Weibchen mit 8 Pulli),
Bläßralle (mehrere Bruten).
Hier ein Belegfoto der Löffelentenbrut vom 1.7.2021.
Viele kleine Kiebitze wurden flügge. Möglicherweise führt sogar ein
Rotschenkelpaar Junge. Am 4.7. beobachtete ich ein Alttier mit
entsprechendem Verhalten. Der entgültige Nachweis steht noch aus.
5.5.2021: Auch dieses Jahr brüten wieder sehr viele Kiebitze und Graugänse
innerhalb der Umzäunung. Das Foto wurde auch vom Beobachtungsstand aus
aufgenommen.
9.2.2021: Viele Graugänse, darunter auch
Tundrasaatgänse und Weißwangengänse rasteten in der Fläche. Sogar ein Trupp
von 34 Kranichen hat dort wahrscheinlich übernachtet. Es ist erstaunlich,
wie schnell viele Vogelarten die Sicherheit im Gebiet erkannt haben. Wie
sagte ein Jagdpächter so schön: Das ist ja für die wie Hola beim Fangen
spielen.
27.3.2020
14.2.2020: Vor der Brutzeit wurde das Gebiet gerne von durchziehenden
Kiebitzen zur Rast aufgesucht.
Stefan Stübing und Gerd Bauschmann berichten in der
„Zeitschrift Vogel und Umwelt", Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz“
Band 24 (2020) in dem Artikel "Wirksamkeit eines stationären
Prädatorenschutzzaunes auf Brutbestand und Bruterfolg des Kiebitzes
(Vanellus vanellus) im Wetteraukreis" über dieses Projekt. Der Artikel
ist sehr lesenswert. Dort wird z.B. auch über die anderen Brutvogelarten,
die von dem Zaun profitieren, berichtet.
Hier kann man sich das Heft herunterladen:
Downloads (vswffm.de)
Stefan Stübing, der Profi,
zählte im Jahr 2019 dort 52 Gelege
mit mindestens 89 flüggen Jungen. Im Jahr 2020 waren es dann sogar 79
Weibchen mit 178 Kücken, wie in dem Artikel zu lesen ist. Im Jahr 2020 habe
ich viele Stunden in der Beobachtungshütte verbracht. Meine
Amateurzahlen lagen, vermutlich aufgrund unterschiedlicher Zählarten und vielleicht
auch Interpretationsweisen deutlich niedriger. Das Gebiet ist so
oder so ein toller Erfolg für den
Kiebitzschutz.
In dem Artikel wird weiter von 380 Euro laufenden jährlichen
Kosten ausgegangen. Mir erscheint dieser Betrag viel zu niedrig, auch wenn
ich die genauen Kosten nicht kenne. Die folgenden Arbeiten müssen damit
finanziert werden:
1. Der jährlicher Zeitaufwand des Forstamts Nidda für die Organisation des
Zauns mit allem, was dazu gehört.
2. Regelmäßige Überprüfung dieses circa 1 km langen Zauns inklusive der Überprüfung
der Stromversorgung und kleinerer Reparaturen. Vermutlich sind dafür mehr als 10 Fahrten
eines Lohnunternehmers zum Gebiet pro Jahr nötig. In dem Artikel
werden übrigens circa 3 km Länge des Zauns angegeben. Nach meinen
Berechnungen mit Hilfe von Google-earth ist er aber nur circa 1km lang.
3. Die Kosten für den Profizähler, der die Erfolgskontrolle macht. Auch
diese Arbeit muss mehrere Jahre gemacht werden, solange man noch nicht genug
Erfahrung mit solchen Zäunen hat.
4. Overheadkosten bei den Behörden.
Wenn nicht einige Arbeiten von Ehrenamtlern gemacht werden, kommt man mit 380
Euro sicher nicht hin.
Der Zaun ist keineswegs wartungsfrei. Im Juni 2020 wurden z.B. Einlässe
ausgetauscht. Der Grund ist mir
nicht bekannt. Einige Tage wurde Wasser in das Gebiet gepumpt, weil es zu
schnell trocken wurde. Ich habe mehrmals beobachtet, wie abfliegende
Höckerschwäne am Zaun hängen blieben. Die oberste Litze wurde dabei
wahrscheinlich beschädigt. Ein Höckerschwan kam dabei im April 2019 zu
Tode. Es handelte sich um einzelne Schwäne, die in das Gebiet flogen und
dann sofort vom „Platzhirsch“ vertrieben wurden und in
der Hektik nicht genügend Höhe erreichten. Der tote Schwan wurde dann
von einem Fuchs in Stücken abtransportiert 17. und 20.4.2019:
Greife wurden sofort von den Kiebitzen angegriffen und erfolgreich
vertrieben. Sie patrouillierten dann nur noch entlang des Flutgrabens , wie
diese Kornweihe (27.3.2020) und die Rohrweihe (1.7.2020).
Zwischen der Beobachtungshütte und dem Zaun hielt sich häufig ein Fasan auf
und versuchte auf sich aufmerksam zu machen, was aber bei dem tollen Treiben
innerhalb der Umzäunung nicht gelang.
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